K l o s t e r a n g e r   W e y a r n

Der Holzflüsterer

Der Werkstoff Holz spielte beim Bau des Klosterangers in Weyarn eine ­wichtige Rolle. Weil er als natürliches und lokales Material in die Landschaft und zur oberbayrischen Bautradition passt, weil er nachhaltig und klimafreundlich ist – und für eine behagliche Wohnatmosphäre sorgt. Die ­Zimmererei Heiß & Heiß hat eine Vielzahl der Holzbauaufgaben auf dem Klosteranger umgesetzt. Im Gespräch erzählt Tobias Heiß von der besonderen Herausforderung eines so umfangreichen Projektes, der Zukunft seines Handwerks und warum ein alter Bauernhof genauso aufregend ist wie zeitgenössische Holzarchitektur.

Tobias Heiß, warum sind Sie Zimmerer geworden?

Mich hat schon immer fasziniert, wie man in diesem Beruf in kurzer Zeit etwas Großes erschaffen kann, wie einen Dachstuhl oder ein Holzhaus. Wenn ich abends mit meiner Arbeit fertig bin, dann sehe ich, was ich geleistet habe. Das ist für mich immer schon faszinierend gewesen und hat den Ausschlag gegeben, als Zimmerer in die Lehre zu gehen.

 

Wie und wann ging es mit Ihrem eigenen Betrieb los?

Gegründet habe ich die Zimmerei im Jahr 2004 gemeinsam mit meinem Cousin Christian, mit dem ich vorher auch zur Meisterschule gegangen bin. Wir haben ganz klein angefangen, mit nur ein paar Werkzeugen. Über die Zeit sind wir Stück für Stück gewachsen. 2009 hatten wir den ersten Angestellten, heute arbeiten 15 Zimmerer für uns.

 

Was hat sich in Ihrem Arbeitsfeld in den letzten 20 Jahren verändert?

Das Holzhaus ist als Thema wichtiger geworden. Ein Häusle-Bauer hat heute auch im ­Hinterkopf, dass es eine Alternative zum Steinhaus gibt. In den Medien ist der Holzbau gerade mit dem Argument des nachhaltigen Bauens ein Riesenthema, auf den Baustellen ist diese Tendenz aber noch nicht ganz angekommen. Es ist aber definitiv ein Wachstum zu beobachten.

Ein so großes und zentrales Projekt wie die komplette Bebauung des alten Kloster­anger ist selten. Wie haben Sie die Herausforderung aufgenommen?

Meistens realisieren wir Einfamilienhäuser. Weyarn war natürlich eine andere Dimension, aber auch der bisher größte Erfolg für unsere Firma. Dementsprechend war das Projekt mit 45 Reihen- und Mehrfamilienhäusern aufregend. Was mich persönlich begeistert hat, war, dass auch Raum gelassen wurde und der gesamte Neubau auf der Wiese ganzheitlich betrachtet wurde. Und dass man sehr viel auf Holz gesetzt hat, auch wenn es ein Kostenfaktor ist. Andere Projektentwickler hätten den vielleicht gescheut. Auf dem alten Klosteranger war das Ziel, ein Ensemble zu realisieren, das ästhetisch und strukturell auch zum bestehenden Dorf passt. Genau diese Qualität macht das Projekt am Ende so besonders.

 

Wie lief die Zusammenarbeit ab? Haben Sie Ihre Holzbau-Expertise auch in die ­Planung einbringen können?

Natürlich gibt es erst einmal einen Plan vom Architekten. Als wir als Zimmerer dazukamen, hatten wir auch ein paar Vorschläge, wie die ein oder andere Lösung aus handwerklicher Sicht optimiert werden kann. Denn ein Architekt hat natürlich Ahnung von den Zimmerarbeiten, aber unser Wissen ist durch die jahrelange praktische Erfahrung oft noch spezifischer. Wenn Architekt, Bauherr und Gewerke dann noch aufeinander hören, kann ein Projekt nur profitieren.

 

Was hat dieser Auftrag für Ihre Zimmerei bedeutet?

Vom ersten Kontakt bis zu dem Zeitpunkt, wo der erste Balken in Gang gesetzt wurde, ist ein halbes Jahr vergangen. Die Konsequenz dieses Auftrags war natürlich, dass unsere Firma mit diesem Projekt über eine lange Zeit zu 90 Prozent ausgelastet war. Aber durch die lange Vorbereitungszeit hatten wir die Planung sehr gut im Griff. Die gute Strukturierung war sehr wichtig, damit man im Bauprozess nicht an seine Grenzen kommt.

Gerade die letzten Jahre der Pandemie waren ja auch eine große Herausforderung fürs Baugewerbe. Wie haben Sie das erlebt?

Natürlich hat es hier und da mal kleine Probleme gegeben, dass mal ein Material nicht verfügbar war oder Ähnliches. Aber durch die gute Kommunikation konnten wir immer eine Lösung finden, wir haben dann immer miteinander reagiert. Gemeinsam haben wir die Herausforderungen gut meistern können.

 

Welche Rolle spielt die Kommunikation mit allen Beteiligten?

Was ich in diesem Projekt als besonders angenehm empfunden habe, war die zwischenmenschliche Zusammenarbeit. Von der Sekretärin bis zur Bauleitung gab es nur gute Kontakte: Man hat sich gern getroffen und gern miteinander gesprochen.

 

Welche Herausforderungen zwischen den Arbeitsfeldern moderne Architektur und traditionelle Bauweise machen Ihnen als Zimmerer die meiste Freude?

Die Abwechslung. Wenn ich einen hypermodernen Kubus für einen Stararchitekten baue, ist der vielleicht alles andere als normal. Dann muss man sich ganz tief in ein Projekt reindenken und das Handwerk quasi komplett neu erfinden. Wenn ich dann aber einen 300 Jahre alten Bauernhof saniere, bei dem der Denkmalschutz berücksichtigt werden muss, ist auch das eine tolle Bauaufgabe. Gar keine Lust habe ich auf Projekte, wo es nur um den reinen Profit geht, sich aber keiner wirklich Gedanken gemacht hat.